Meine ersten Erfahrungen mit dem FreeStyle Libre 3
Von der ersten Ankündigung bis zur Möglichkeit einen FreeStyle Libre 3 testweise bestellen zu können, dauerte es länger als gedacht. Und für Nutzer von einem Android Smartphone gab es sogar noch einen Aufschlag von knapp 6 Monaten. Grund war, dass die Libre 3 App für Android einfach nicht wie geplant fertig wurde. Apple Nutzer konnten schon etwas früher den Libre 3 Sensor testen.
Aber Anfang Februar war es dann endlich so weit, die Libre 3 Android-App war fertig und ich konnte das Testpaket kostenfrei bestellen. Die Lieferung erfolgte schon wenige Tage später. An der Stelle möchte ich der Firma Abbott zunächst dafür danken, dass Sie interessierten Diabetikern kostenfrei ein Libre 3 Paket zur Verfügung gestellt haben.
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Die erste Hürde war für mich, ob mein altes Huawei P10 mit Android 9 überhaupt mit der Libre 3 App und dem neuen Libre 3 Sensor zusammen funktioniert. Laut der Beschreibung ist die Libre 3 App im Besonderen mit Handys aus dem Hause Samsung und Google kompatibel. Aber die App ließ sich auf meinem Huawei P10 installieren und ohne Fehler starten. Und auch der Libre 3 Sensor wurde sofort erkannt. So weit, so gut.
Libre 3 Sensor sorgt für weniger Verpackungsmüll
Direkt nachdem auspacken fällt die kleinere Verpackung positiv auf. Das sorgt endlich dafür, dass es weniger Verpackungsmüll gibt. Ein Punkt, der mich beim FreeStyle Libre 1 und 2 schon immer etwas gestört hat. Auch der Applikator zum Setzen des Sensors ist etwas geschrumpft. Ausgezeichnet, noch mal etwas Plastikmüll eingespart.
Den Libre 3 Sensor muss man jetzt nicht mehr mit dem Applikator verbinden. Diese Arbeit entfällt mit dem neuen Modell, es ist alles fertig vorbereitet. Wie schon vom Libre 2, gibt es auch beim Libre 3 keine beigelegte Desinfektionstupfer. Das hat sich leider nicht geändert, und man muss anderweitig eine Lösung dafür finden. Ich nutze aktuell diese Desinfektionstupfer: Winner Medical 200 Stück*
Das Setzen von dem Libre 3 Sensors geht genauso einfach wie beim Vorgängermodell. Stelle desinfizieren, Applikator ansetzen und ab dafür Danach fixiere ich alle meine Sensoren seit Jahren mit einem sterilen und wasserfesten Wundverband der Marke DracoPor*.
Ich gehe an dieser Stelle auf Nummer sicher, da die Sensoren auf meiner Haut von allein nicht 14 Tage hängen bleiben. Und die zahlreichen Gummibänder, die es für den Libre 2 Sensor gibt, schnüren mir zu sehr in die Haut, deshalb der Wundverband.
Bei dem jetzt deutlich kleineren Sensor kann man wahrscheinlich auch ein etwas kleineres Pflaster nehmen. Mal schauen, was ich da in Zukunft mache.
Erste Messergebnisse in der neuen Libre 3 App
Nachdem ich den Sensor gesetzt und in der Libre 3 App angemeldet hatte, begann der 60 Minuten Countdown. Die Spannung stieg, zumal ich den Sensor ohne Vorwärmen in Betrieb genommen hatte. Ansonsten mache ich es beim Libre 2 Sensor immer so, dass ich den Sensor 24 Stunden vor der Aktivierung schon setze. Damit habe ich in den Jahren die besten Erfahrungen gesammelt.
Beim Libre 3 wollte ich probieren, ob der auch ohne Vorglühen direkt plausible Werte liefert. Und ich kann sagen, das tat der Libre 3 Sensor. Ich habe die Werte immer mit dem Libre 2 und mit einigen blutigen Messungen verglichen. Und die Abweichung, wie man auf dem folgenden Bild sehen kann, sind absolut im Rahmen. Und das war während der gesamten 14 Tage so.
Vergleichswerte im oberen Bereich:
Vergleichswerte im mittleren Bereich:
Jede Minute wird der Blutzuckerwert gemessen
Neben dem deutlich geschrumpften Libre 3 Sensor ist natürlich die automatische Messung des Blutzuckers alle Minute der Hauptunterschied zum Libre 2. Der funkt nur beim Erreichen von eingestellten Alarmen eine Information, und noch keinen Wert. Dieser muss noch zusätzlich per Scannen des Sensors ausgelesen werden.
Das ist jetzt komplett anders. Jede Minute sendet der Sensor seine Messung an das verbundene Smartphone. Wo man dann in der geöffnete Libre 3 App den Wert ablesen kann. Aber so schön das ist, so viel Verbesserungspotenzial hat die Libre 3 App auch noch.
Libre 3 App fühlt sich an wie eine Beta-Version
Ich war schon etwas überrascht, dass es so lange gebraucht hat bis die Libre 3 App für Android fertig war. Und dann war die Enttäuschung recht groß, dass die App an einigen Stellen wie eine Baustelle wirkt. Ein Beispiel: In der aktuellen Version der App gibt es zwar eine Auswahlbox, um den Alarmton anzupassen, aber diese Box ist ausgegraut und nicht nutzbar.
Und das sind die Original-Alarmtöne auch nicht. Außer man will maximale Aufmerksamkeit haben, dafür sind die Töne zu gebrauchen. Aber wer dezent auf einen zu hohen oder zu niedrigen Blutzucker aufmerksam gemacht werden möchte, kann das im Moment vergessen.
Hier muss es unbedingt möglich sein, dass man die Vibrationsfunktion nutzen kann. Und der Alarmton darf nicht an der Medienlautstärke gekoppelt sein, sondern muss unbedingt über eine unabhängige Einstellung der Lautstärke verfügen.
Wo wir schon bei den Alarmtönen sind. Das hat mich schon bei der alten Libre App gestört. Warum endet der Alarmwert für „Niedriger Glukosewert“ bei 100 mg/dl? Wenn ich Sport mache und dabei berücksichtige, dass der Wert aus dem Gewebe zeitlich dem Blutwert hinterherhinkt, dann sind mir 100 mg/dl einfach zu knapp.
Keine eigenen Alarmprofile in der Libre 3 App möglich
Und warum kann ich keine Alarmprofile selber definieren? Ich möchte gerne zum Beispiel einstellen, dass wenn der Blutzucker rasch unter 150 mg/dl fällt, dass ich dann schon einen Alarm bekomme. Auch die Zeit spielt für den Alarm bei mir eine große Rolle. Nachts zum Beispiel zwischen 3 Uhr und 7 Uhr muss der Alarm erst losgehen, wenn der Blutzucker unter 80 mg/dl fällt. Tagsüber ist diese Schwelle mir aber viel zu knapp.
Klar kann ich jeden Tag diese Einstellung ändern, aber das kann man doch eleganter in der App mit Alarmprofilen lösen. Im Alltag vergisst man aber schnell mal, dass man den Wert nach unten korrigiert hat. Und schon 20 Punkte können den Unterschied ausmachen, ob die Unterzuckerung ekelig wird oder nicht.
Positiv ist das Hinzufügen von Informationen zu erwähnen. Also wenn man sich Insulin spritzt, wenn man etwas isst oder wenn man eine sportliche Aktivität vermerken möchte.
Das alles geht in der Libre 3 App sehr einfach und in wenigen Schritten. Das ist sehr praktisch und in der Übersicht später auch gut zu erkennen.
Blutzuckerwerte nur in der Libre 3 App sichtbar
So schön das unblutige Blutzuckermessen alle Minute auch ist, es fehlt noch an der Sichtbarkeit nach außen. Im Moment dieses Beitrages kann man den aktuellen Blutzuckerwert nur in der App sehen. Es gibt kein Widget, um den Wert zum Beispiel auf den Sperrbildschirm des Handys zu bekommen. Und leider ist es aktuell auch noch nicht möglich, sich den Wert auf einer Smartwatch anzeigen zu lassen. Wenn das endlich funktioniert, werde ich mir auch eine Smartwatch zulegen.
Beim alten Libre 2 System kann ich den kleinen Scanner nutzen und die App parallel dazu verwenden. Bis auf die Alarmtöne, diese sind immer nur auf einem System nutzbar. Aber man hat so ein Reserve-System für den Fall der Fälle. Jetzt hängt alles an dem Smartphone. Smartphone kaputt oder leer, dann gibt es keine Werte mehr vom Sensor. Daran muss ich mich erst mal gewöhnen.
Libre 3 App verliert mitunter die Verbindung zum Sensor
In meinen 14-Tagen wo ich den Libre 3 Sensor im Einsatz hatte, kam es immer wieder vor, dass die Verbindung zum Sensor weg war. Und das passierte auch, während das Smartphone nur ein Meter weit von meinem Arm entfernt auf dem Schreibtisch lag. Das kann natürlich auch mit meinem alten Huawei Smartphone zusammenhängen, das kann ich nicht ganz ausschließen.
Auch das aus und einschalten vom Bluetooth brachte keine sofortige Änderung. Meist dauerte es einige Minuten und dann war plötzlich die Verbindung wieder da. In der Auszeit gingen aber immerhin keine Werte verloren. Wegen der grauenvollen Alarmtöne habe ich bereits nach einem Tag die Verbindungs-Warnung deaktiviert.
In der Zeit, in der die Verbindung zwischen dem Sensor und dem Smartphone weg ist, kann man den Libre 3 Sensor leider auch nicht mit dem Handy manuell scannen. Zum Glück waren die Aussetzer bei meinem Testsensor nicht länger als 20 Minuten.
Libre 3 App und Bluetooth saugen den Akku schnell leer
So oft wie in den 14 Tagen, wo ich den FreeStyle Libre 3 Sensor ausprobiert habe, wurde mein Handy noch nie aufgeladen. Ich musste zum Teil im Laufe des Tages neue Energie hinzufügen, weil der Akku einfach so schnell leer gegangen ist. Ich konnte dem fallendem Akkustand regelrecht zuschauen. Gut, mein altes Huawei P10 ist jetzt auch nicht das Monster-Handy mit einem großen Akku.
Aber diesen erhöhten Stromverbrauch durch die App in Verbindung mit dem permanent aktivierten Bluetooth muss man echt berücksichtigen. Wie zuvor erwähnt, kein Saft im Handy, keine Werte vom Sensor.
Bin mir nicht sicher, ob eine Reduzierung von dem Intervall, wo die Werte übertragen werden eine längere Laufzeit mit sich bringen würde. Ich brauche zum Beispiel nicht jede Minute den Blutzuckerwert, alle 5 Minuten würde mir persönlich schon reichen, wenn das die Akku-Laufzeit verlängert. Eventuell kann man da mit einer intelligenten Steuerung vom Bluetooth auch noch etwas machen. Aber das können nur die Entwickler der App beurteilen, ob da noch was geht.
Libre 3 App hat auch ein paar Berichte an Bord
Wie auch schon die Libre 2 App, gibt es in der Libre 3 App einige Auswertungen. Neben einem Tagesmuster kann man sich auch den Durchschnittswert seiner Blutzuckerwerte über den Tag verteilt anzeigen lassen.
Leider habe ich keine Möglichkeit gefunden, direkt aus der App heraus die Blutzuckerwerte zu exportieren, um sie in anderen Diabetes Programmen wie SugarBook weiterzuverarbeiten.
Mein Fazit nach 14 Tagen FreeStyle Libre 3
Ist der Libre 3 für mich jetzt die Revolution im Bereich der Blutzuckermessung? Nicht ganz. Es ist auf jeden Fall der richtige Weg, aber das ganze System hat noch etwas Luft nach oben. Abbott hat natürlich im Moment auch etwas Glück, dass die großen Smartwatch-Hersteller noch keinen Sensor integriert haben, der den Blutzucker eigenständig messen kann.
Positiv ist auf jeden Fall im Vergleich zum Libre 2, dass dank des deutlichen kleineren Sensors eine große Menge an Verpackungsmüll eingespart wird. Und der kleinere Libre 3 Sensor lässt sich jetzt noch etwas besser vor allzu neugierigen Blicken verstecken. Der Unterschied zwischen dem Libre 3 und Libre 2 Sensor ist schon deutlich.
So dezent der Sensor selber ist, so indiskret sind aktuell die Alarmtöne in der Libre 3 App. Es ist an dieser Stelle ganz elementar, dass die App schnellstmöglich angepasst wird. Aktuell ist für mich lediglich der deutlich kleinere Sensor ein Vorteil zum Libre 2.
Aber solange man die Libre 3 App immer erst öffnen muss um den Blutzucker sehen zu können, solange kann ich auch mit dem Libre 2 und dem Scanner weiterarbeiten. Es muss unbedingt die Möglichkeit eingebaut werden, dass man den Blutzuckerwert auch auf dem Sperrbildschirm angezeigt bekommt. Und am besten gleich die Möglichkeit bitte schaffen, dass der Blutzuckerwert auch auf einer Smartwatch angezeigt wird. Und ganz klar, der Alarm muss per Vibration möglich sein.
Wenn man sich die Bewertungen anderer Nutzer im Google Play-Store anschaut, sieht man, dass ich nicht ganz allein bin mit meiner Meinung.
Freue mich über Deine Meinung zum FreeStyle Libre 3 🙂
Und sobald sich was tut in Sachen App-Update, werde ich Euch an dieser Stelle darüber berichten!
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